Stralsund Runners
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30.06.2012:
FICHKONA

Bolle hat an der FICHKONA teilgenommen. Ziel der Tour ist es, innerhalb von 24 Stunden die Distanz vom Fichtelberg zum Kap Arkona auf Rügen zurückzulegen. Statt der üblichen 601km werden es in diesem Jahr wegen einiger Umleitungen in Chemnitz insgesamt 615km.



Hier sein Bericht:
Glaubt es oder auch nicht - ich als alter Ossi war noch nie auf dem Fichtelberg. Welch Schande....
Also bin ich schon einen Tag früher nach Oberwiesenthal angereist, um mich ein wenig unzusehen. Mit diversen Zügen und dem Rennrad ging es über Berlin, Leipzig und Chemnitz nach Cranzahl. Von dort fährt die Dampfeisenbahn ins Erzgebirge mit Endstation Oberwiesenthal. Eingemietet habe ich mich direkt am Markt im Rathaushotel; Sauna, Vollpension und die Nähe zum Bahnhof haben mich überzeugt.
Am Freitag, 16.07., bin ich im Sessellift zum Fichtelberg hinauf und habe mir endlich den höchsten Berg der DDR gegönnt. Von hier soll Morgen in der Frühe die Tour nach Rügen starten.
Zunächst:
wir haben in der Schule gelernt, dass der Fichtelberg 1214 Meter hoch ist, ich habe noch einmal im alten Schulatlas nachgesehen.
Hier oben steht ein Schild mit der Aufschrift 1215 Meter!
Hmmmm - vielleicht wird noch wild aufgefaltet?????



Hier oben sind schon einige Radler mit Rennrad unterwegs und so schnappe ich mir einen zum Interview:
und tatsächlich; der Kollege ist bereits 3x gefahren, ist aber diesmal nicht dabei. Er kann mir viele meiner Fragen beantworten und einige hilfreiche Tips geben.

17.05., die FICHKONA 2012 startet
Morgens unterstützt mich das Hotelpersonal, indem mich ein Transporter samt Rad auf den Fichtelberg fährt. Oben herrscht schon emsiges Treiben: Räder vorbereiten, Startunterlagen holen, Nahrung runter würgen....

vom Hotel zum Berg
Auf dem Gipfel
Begleitfahrzeuge

Hier noch ein paar grundsätzliche Infos:
Es fahren maximal 200 Fahrer mit, die in 4 Gruppen aufgeteilt werden.
Radler, die auf Rügen die Tour beenden und in Eigenregie nach Hause reisen, zahlen 180Euro.
Radler, die auf Rügen übernachten und am Folgetag mit Bus wieder in Richtung Süden aufbrechen, zahlen 220Euro.
Dies ist bei der Anmeldung anzugeben, kann aber am Start noch entsprechend geändert werden.
Jeder soll sich bei der Anmeldung selbst in eine der Gruppen einstufen, wobei gilt:
Gruppe 1 ist schnell unterwegs und macht nicht an allen Verpflegungspunkten Halt.
Gruppe 4 soll die langsamste sein.
Jeder soll sich möglichst real beurteilen und so die richtige Gruppe finden.
Jede der 4 Gruppen wird von einem Führungsfahrzeug angeführt und einem Abschlussfahrzeug geschlossen.
Das Abschlussfahrzeug befördert die Kleiderbeutel und bei Bedarf Räder usw.

Am Start fahren noch alle Fahrer zusammen bis zur ersten Tränke in oder bei Chemnitz. Ab dann werden die Gruppen separiert.
Aber bei Verpflegung 2 kann noch mal gewechselt werden:
dazu werden alle Kleiderbeutel aus den Fahrzeugen entfernt und müssen vom Eigentümer bewusst in eines der 4 Gruppenfahrzeuge gegeben werden. Ab hier sollten die Gruppen feststehen, aber es kann immer noch von einer schnelleren in eine langsamere Gruppe gewechselt werden.
In jeder Gruppe obliegt die "Verantwortung" einem sogenannten Capitano. Das ist in jedem Falle ein sehr erfahrener Radler, der mindestens 5 bis 10 FICHKONA's gefahren ist, dem Veranstalter bekannt ist und zuverlässig erscheint. Der Capitano soll die Gruppe zusammenhalten, Probleme erkennen und für störungsfreies Fahren sorgen.
Im Falle einer Panne fährt der Betroffene rechts ran und das Abschlussfahrzeug hält zur Unterstützung; die Gruppe fährt weiter.
Üblicherweise handelt es sich um eine Reifenpanne; hier wird das betroffene Rad ausgebaut, das Fahrrad wird in das Fahrzeug (oder Hänger) gegeben und der Schaden wird vom Radler im Fahrzeug sitzend behoben. Nach Abschluss der Reparatur überholt das Abschlussfahrzeug die Gruppe und fährt ein paar Kilometer voraus. Der Radler wird samt Rad aus dem Fahrzeug entlassen und wartet nach abgeschlossener Reparatur auf seine Gruppe. Und weiter gehts.
Ich kann den Vorgang exakt beschreiben, weil mir das genau so passiert ist (Schlauch defekt am Hinterrad).

Unterwegs gibt es insgesamt 7 Verpflegungsstationen, also etwa alle 80-90km.
Bei Bedarf werden dazwischen Pinkelpausen arrangiert und Getränkeflaschen getauscht.


Start der FICHKONA war pünktlich um 10Uhr mit Schlagen der Gipfelglocke:
Und schon gehts im "freien Fall" den Berg hinunter, bereits innerhalb der ersten zwei Kilometer sieht man die ersten Pannen am Wegesrand.
Wild und ungeordnet fahren die Radler bergab und suchen sich die passenden Gruppen in Richtung Chemnitz. An der Verpflegungsstelle 1 treffen sich alle auf einem Parkplatz, ab hier werden in gewissen Zeitabständen die einzelnen Gruppen aufgerufen. Hier fahre ich noch in Gruppe 3, entscheide mich aber an der Verpflegung 2 für den Wechsel in Gruppe 4. Es fährt sich einfach entspannter und ich habe bereits einige der Leute kennengelernt. Ab hier gibt es keine Chance zum Wechsel, denn nach uns kommt niemand mehr.
Unser Capitano, 70 Jahre alt und bei seiner 12. FICHKONA, muss kurz nach der Verpflegung 2 mit Krämpfen vom Rad ins Auto, wo er sich für ca. 100km entspannt.
Die Sonne brennt heftig, einige messen 35°C. Trinken, trinken, trinken, das ist das Motto. Dazu halten wir auch zwischen den Verpflegungsstellen und wechseln die Flaschen.

Startaufstellung am Berg
Alle Radler gemeinsam
Verpflegung

So arbeiten wir uns langsam in Richtung Norden und freuen uns, als es zum frühen Abend endlich kühler wird.
Bei Potsdam übernimmt ein Motorrad-Polizist die Führung der Gruppe und lotst uns durch die Stadt. Hier macht das Fahren Spaß, denn die Strassen wurden gesperrt und am Rand gibt es reichlich Zuschauer. Und langsam wird es dunkel. So muss beim nächsten Halt die Beleuchtung angebaut und angeschaltet werden.
Leider zieht bei Oranienburg ein Unwetter auf, um uns herum blitz es gewaltig und Regen setzt ein. Aber noch ist das Fahren problemlos möglich. Das nächste Ziel ist Gransee, wo es eine warme "Mitternachtssuppe" geben soll. Als wir dann die Tankstelle in Gransee zur Nahrungsaufnahme ansteuern, stellt sich heraus, dass es keine Suppe gibt. Schade, etwas Warmes hätte wirklich gut getan. Verfügbar ist das Übliche: Riegel, Brötchen, Kuchen, Schokolade und Getränke in jeder Form. Kaffee, Cola und Red Bull sorgen für Koffein.
Der Regen wird stärker und wir fahren irgendwann gegen 5Uhr morgens in Neubrandenburg ein, Station ist die Tankstelle auf der B96 am Ortsausgang Richtung Stralsund. Von hier sind es noch 170km.
Während wir an der Tanke unsere kurze Pause wahrnehmen, ändert sich das Wetter dramatisch. Aus dem Regen wird Starkregen und der Wind wird zum Orkan, der die Bäume biegt. Einstimmig wird entschieden, dass das Weiterfahren so nicht möglich ist und wir vorerst warten. Aus der "kurzen" Pause werden insgesamt 1,5 Stunden.
Es wird ernsthaft diskutiert, ob ein Abbruch an dieser Stelle möglich ist und wie die Fahrer mit ihren Rädern eingesammelt werden können. Es geht auch um die Gruppe 3 mit insgesamt 80 Fahrern, die sich nur kurz vor uns auf der Strasse befindet. Logistisch ist es aber nicht möglich, mehr als 100 Fahrer und Räder aufzunehmen und zu transportieren. Also muss irgendwann weitergefahren werden.
Gegen halb 7, inzwischen ist es hell, hat sich das Wetter etwas beruhigt und wir können wieder auf die Räder. Unsere Gruppe quält sich den Berg bei Altentreptow auf der B96 hoch, bei Burow verlassen wir den "Highway" in Richtung Demmin. Hier erwischt es mich mit dem platten Hinterrad.
Kurz vor Demmin stürzen 3 unserer Fahrer beim Überfahren von Schienen, glücklicherweise bleibt es bei Materialschäden. Die Weiterfahrt verzögert sich erneut, da erst die Räder gerichtet werden müssen.
Wir durchfahren Demmin und arbeiten uns bis nach Grimmen vor, wo die vorletzte Verpflegungspause eingelegt wird. Das Wetter hat sich erneut geändert, die Sonne ist wieder am Himmel. Und so wechseln alle die Kleidung von "kalt und Regen" auf "kurz und Sommer".
Per SMS gebe ich in der Heimat Bescheid, sodass Meini in etwa den Zeitpunkt der Durchfahrt in Stralsund abschätzen kann. Später soll er mich am Kap einsammeln und mit nach Stralsund nehmen.
Von Grimmen dauert es eine weitere Stunde, bis wir am Sund ankommen.
Über den alten Rügendamm gehts auf die Insel, Samtens ist das Ziel mit der letzten "großen" Versorgungsstelle.
Als wir dann weiterfahren, winkt uns die Polizei rechts in eine Seitenstrasse und verweigert uns die Weiterfahrt auf der B96. Es dauert eine halbe Stunde, bis alle Diskussionen erledigt sind und wir tatsächlich die Tour fortsetzen dürfen. Allerdings sollen wir gelegentlich die hinter uns fahrenden Autos vorbeilassen und dort, wo Radwege verfügbar sind, auf diesen fahren. Sehr witzig: davon gibt es ja sehr viele an der B96!
Beim Kreuzen der B96 vom Radweg rechts der Strasse zur linken Seite sehe ich Meini und Steff in ihrem VW; Meini hat für uns die nachfolgenden Autos geblockt, wofür er gleich Ärger von den bekloppten Autofahrern bekommt.
Jedenfalls schleppen wir uns bis nach Sagard, wo es über das berüchtigte Kopfsteinpflaster endlich in Richtung Kap geht. Wir müssen noch die Anhöhe vor Glowe hoch, durch Juliusruh, Altenkirchen und Putgarten. Wir sehen schon den Leuchtturm und nun sind auch die wenigen verbleibenden Meter egal. Als letzte Gruppe schlagen wir am Kap an und stürmen den Kiosk für Bier, Radler und Bratwurst.

Aus den maximal 24 Stunden sind bei uns 27,5 geworden, aber das stört hier niemanden.

Wir, die Fahrer der Gruppe 4, finden, dass wir uns trotzdem beachtlich geschlagen haben.
Leider ist der Niedergang zum Wasser gesperrt, sodass wir das berühmte Foto "mit Rad in der Ostsee" nicht nachstellen können.
Aber bei den Startunterlagen liegt ein FICHKONA - Kalender, der besagtes Foto beinhaltet.


Nach einer halbstündigen Pause radeln wir zurück nach Juliusruh, wo auf dem Zeltplatz alle Fahrer und Begleitfahrzeuge zusammentreffen.
Meini ist auch schon da.
Nun geht es darum, dass die Leute ihre Unterkunft finden und beziehen. Ich schnappe mir meinen Kleiderbeutel, bezahle den "ausgeliehenen" Schlauch der Reifenpanne und suche die Dusche. Meini montiert das Rad ans Auto und ab gehts zurück nach Stralsund.

Folgende Kenndaten hat mein Fahrrad-Computer angezeigt:
Gesamtkilometer                    : 614
Gesamtfahrzeit (ohne Pausen) : 22,03h
Durchschnittsgeschwindigkeit  : 27,81 km/h

DAS WAR DIE FICHKONA 2012

Unser Sportsfreund Thomas Koch hat bereits Interesse für die Tour im kommenden Jahr bekundet. Es könnte also gut sein, dass wir noch mal fahren!

Vom Berg zum Baden ans Meer! Jippi!